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DRESSCODE OR NO-DRESSCODE?!

ÜBERLEGUNGEN ZUR ADÄQUATEN KLEIDUNG IM BÜRO.

Christina Tabernig ist Autorin zum Thema Business-Etikette und Inhaberin des Trainingsinstituts korrekt!, das Fach- und Führungskräfte bei ihrer beruflichen Profilbildung unterstützt. Zudem hat sie in den Bereichen Vertrieb und Marketing für renommierte IT-Firmen gearbeitet und gibt in diesem Interview Lobster Auskunft zu Dresscode-Fragen. 

Als Software-Entwicklungsunternehmen arbeitet Lobster in einer Branche mit eher IT- als Lifestyle-orientierten Mitarbeiter:innen. Anders als in Branchen mit viel Kundenkontakt gibt es in unserer Branche eigentlich keinen Business Dresscode. Wie sehen Sie das? 

In den letzten Jahren hat sich in fast allen Branchen der Dresscode verändert bzw. aufgelöst. Ich muss sagen, nicht immer zum Vorteil – auch nicht für die Angestellten. Oft herrscht Verunsicherung im Auftritt, gerade wenn es zum Kunden geht.  

Viele haben in den letzten Jahren durch Covid nur noch Homeoffice gemacht und sich dabei an eine Entspanntheit in Sachen Kleidung gewöhnt, die so im Büro nicht eingelebt werden sollte. Es gibt einen Unterschied zwischen Büro und Freizeit. Ist man businessmäßig angezogen – egal wie das definiert wird – fühlt man sich offizieller und strahlt mehr Kompetenz aus. Wenn es mal am Telefon zu stressigen Gesprächen mit dem Gegenüber kommt, fühlt man sich einfach besser, wenn man gut angezogen ist und nicht in Jogginghose argumentieren muss.  

Bei Lobster arbeiten viele junge Leute, für die Dinge wie Tattoos oder Piercings ganz selbstverständlich zum Ausdruck ihrer Persönlichkeit gehören. Gibt es Ihrer Erfahrung nach Business-Situationen, in denen man mit kritischen Reaktionen rechnen muss? Und wie geht man damit um? 

Man sollte sich treffsicher und smart kleiden. Also überlegen Sie sich, wer ist mein Gesprächspartner und welche Erwartungen hat mein Gegenüber, wenn wir uns zum ersten Mal treffen. Gerade der erste Eindruck sollte so positiv wie möglich sein. Ganz nach dem Motto der Köder sollte dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Tritt man also zu individuell oder progressiv auf, kann das für den ersten Eindruck negativ sein. Ich muss viel mehr Überzeugungskraft leisten, damit mein Gegenüber mir vertraut.  

In konservativen Branchen (z.B. Banken und Versicherungen oder Chemie) kann es für den Erstkontakt oder bei der Vorstandssitzung sinnvoll sein, seine Markenzeichen zu bedecken. Hier erlebt man auch häufig, dass zu viel „Individualität“ eine Karrierebremse sein kann. 

Tattoos oder Piercings gehören aber heute zur Normalität und sind nicht mehr wie früher exotisch. Viele Branchen akzeptieren mittlerweile die persönlichen Markenzeichen. Es gilt aber grundsätzlich: „Think before you ink!“  

Eine Baseball-Cap oder sonstige Kopfbedeckung zum Beispiel sollte im Erstkontakt aber auf jeden Fall vermieden werden. Hüte werden grundsätzlich bei einer Begegnung im Raum abgenommen und auch nicht auf den Tisch abgelegt. 

Als Nie-Anzug:Kostüm-Träger:in wird man von einem großen Kunden oder einem wichtigen Investor zu einem Geschäftsessen eingeladen. Was ist besser: sich kleidungsmäßig treu zu bleiben oder in einen Anzug zu steigen und sich darin merklich unwohl zu fühlen? 

Durch unsere Kleidung zollen wir unserem Gegenüber und auch uns selbst Respekt. Ich würde sagen, es gibt immer einen guten Mittelweg diese Herausforderung zu meistern. Keiner sollte sich mit einem Anzug/Kostüm (ver-)kleiden, wenn es nicht sein Stil ist. Das sieht dann jeder sofort. Aber es gibt andere Möglichkeiten, z.B. eine Kombination aus Hemd/Polo-Shirt statt T-Shirt und Stoffhose statt Jeans/Jogginghose sind für alle machbar und keine Verkleidung. Wenn dann noch ein Jackett oder Blazer zum Einsatz kommt – grandios! Und denken Sie daran: Beim Essen sitzen wir immer ganz angezogen am Tisch. Das Jackett auszuziehen, bevor man sich an den Tisch setzt, ist ein NoGo.  

Mitarbeiterinnen beschäftigt immer wieder die Frage, wie sexy sie am Arbeitsplatz erscheinen können. Gibt es für diese Gratwanderung eine Empfehlung? 

Erotik hat am Arbeitsplatz nichts zu suchen. Dazu gehört vor allem Kleidung, die zu tiefe Einblicke zulässt. Sobald der Brustansatz sichtbar wird, ist ein Oberteil eher für den privaten Gebrauch geeignet – ebenso wie übrigens schulterfreie Tank-Tops, Spaghetti-Träger oder Bandeau-Tops. Auch transparente Kleidung geht nur mit einem Top über dem BH oder einem Unterkleid unter dem Rock beziehungsweise Kleid. Apropos Rock. Ein Rock sollte immer knieumspielend sein, d.h. eine Handbreit über dem Knie ist im Office die minimale Länge. Kürzer geht hier leider nicht. Weiteres Thema sind zu hohe Absätze. Ein Frauenschuh im Business hat eine Absatzhöhe von 0 bis etwa 6 cm, auch hohe Plateau-Sohlen oder Stilettos gehören in die private Garderobe. Und schließlich: sichtbare Unterwäsche. Der Stringtanga oder andere Unterwäsche – das gilt übrigens auch für Männer – die sichtbar wird, wenn die Hose beim Bücken rutscht oder schlichtweg tiefere, nicht-geschlossene Blusen- und Hemdknöpfe sind eindeutig zu viel Information.

Frauen dürfen natürlich gerne weiblich auftreten. Ein kritischer Blick in den Spiegel hilft bei der Entscheidung, ob das Outfit passend ist für die Bürowelt.

Zuletzt noch eine heikle Frage: Wie steht’s mit zu viel Parfüm, Zigarettengeruch, Knoblauchatem etc. im Büro. Darf man Kollegen darauf ansprechen und wenn ja, wie? 

Ein Feedback zu Geruch ist nicht einfach, aber angebracht. Entweder macht es eine Person, die vorgesetzt ist oder am besten eine Person gleichen Geschlechts. Für ein Feedback benötigt man grundsätzlich eine Erlaubnis. So ein heikles Thema wird unter vier Augen angesprochen. Z. B. „Ich schätze dich sehr und mir ist etwas aufgefallen. Möchtest du mein Feedback hören?“ Vielleicht kann auch folgender Satz als Einleitung dienen: „Ich habe ein eher persönliches Feedback für dich. Möchtest du es hören? … Mir ist aufgefallen, dass …“ Vielleicht hat man auch Lösungsvorschläge oder Erfahrungen, was einem selbst in einem ähnlichen Zusammenhang geholfen hat. 

Frau Tabernig, vielen Dank für Ihre Antworten! 

Zur Person:  
Nach ihrem Studium der Betriebswirtschaft in München geht Christina Tabernig als Wirtschaftsgrafikerin bei McKinsey in die USA. Später wechselt sie in die IT-Branche – in den Bereich Vertrieb und Marketing bei Commerce One, Seven Networks und der Exolution GmbH. Seit 2003 arbeitet Frau Tabernig als Trainerin und Autorin und berät namhafte Kunden wie E.ON, Airplus, Ergo AG, Stryker und T-Systems. Seit 2006 ist sie außerdem Dozentin und Lehrbeauftragte an der Hochschule München sowie an den Universitäten Passau, Augsburg und Erlangen. www.korrekt.de

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