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EIN UNTERNEHMEN GRÜNDEN! ODER NICHT?

INSIGHTS VON UNSEREM CEO, DR. MARTIN FISCHER.

Martin Fischer, Steffen Brehme, Mario Oswald und Lothar Kimmeringer haben Lobster im Jahr 2002 gegründet und aus dem Start-up in zwanzig Jahren ein erfolgreiches mittelständisches Softwarehaus gemacht. Was neben fachlichem Knowhow, gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Glück noch eine Rolle gespielt hat, erzählt unser CEO im Interview.

Martin, wie seid ihr gestartet: Mit einem ordentlichen Lobster Business-Plan und einer soliden Finanzierung oder einfach nur im Vertrauen auf eure Geschäftsidee und den Boom in der Digitalbranche?

Lobster war ja unsere zweite Gründung. 1997 hatten Steffen, Mario und ich mit der Vermietung von Shop-Software einen ersten Versuch in die Selbstständigkeit gestartet. Im Vordergrund stand nicht das organische Wachstum, sondern weit in die Zukunft geplante Gewinnmöglichkeiten. Unser Ziel war damals, an den Neuen Markt – einem 1997 nach dem Vorbild der NASDAQ eröffneten Segment der Deutschen Börse – zu kommen und dort Kapital für weiteres Wachstum zu generieren. Obwohl wir bereits einen festen Termin für den Börsengang hatten, den 15. Januar 2001, haben wir es letztendlich nicht geschafft. Im Oktober 2000 begann der Neue Markt zusammenzubrechen, unsere Hauptinvestoren sind insolvent gegangen und wir mit ihnen.

Da uns aber dank der Erfahrung im E-Commerce klar war, wie wichtig die Integration von Applikationen in der Zukunft sein würde, haben wir uns nach einer Weile entschlossen, zum zweiten Mal zu gründen und ein Integrationstool für den Bereich E-Fulfillment zu entwickeln. Das war der Startschuss für Lobster.

Wie sah es nach dem gescheiterten Projekt mit der Finanzierung des neuen Geschäftsmodells aus?

Nach dem Platzen der Dotcom-Blase war es für Neugründungen ab 2001 erst einmal fast unmöglich, Finanzierungen zu erhalten. Alle am Markt waren zurückhaltend bis sehr skeptisch. Das hieß, wir mussten Lobster aus eigenen Mitteln aufbauen. Jeder von uns Gründern hat sein Geld zusammengekratzt und in die Firma gesteckt. Die Anteile haben wir entsprechend unter uns aufgeteilt.

Von da an galt es dann, organisch zu wachsen, schnell Umsatz zu generieren und sich als Gründer im Lebensstil an die – zunächst geringen – finanziellen Möglichkeiten anzupassen.

Das heißt, ihr habt alle den Gürtel enger geschnallt? Wie wichtig ist der Teamzusammenhalt beim Gründen? Wie habt ihr die Verantwortung geteilt?

Das Scheitern mit unserem ersten Projekt hat uns zusammengeschweißt. Das war das Gute daran. Zudem tickt unser Gründer-Team in einem Punkt sehr ähnlich: Materielle Dinge stehen bei keinem von uns im Vordergrund. Es ging um die Realisierung der Geschäftsidee und um die Freiheit, unser Ding zu machen. Unabhängig zu sein. Das war unser Motor. Um Geld gab es unter uns nie Streit, vielleicht auch ein Grund für den gemeinsamen Erfolg.

Durch die klar abgegrenzten, sich ergänzenden Kernkompetenzen war auch die Zuordnung der Verantwortlichkeiten von Anfang an klar. Die großen Leitlinien haben wir gemeinsam abgesprochen, aber dann hat jeder den anderen in seinem Bereich machen lassen. Auch das ist, denke ich, beim Gründen sehr wichtig: Vertrauen in die Kompetenz der Mitstreiter und absolute Konzentration auf die eigene Aufgabe. Wenn ich meine Sache nicht gut mache, können auch die anderen ihre Sache nicht gut machen. Am Anfang wiegt der Input jedes einzelnen doppelt und dreifach. Damit eine Entwicklung nach vorne eintritt, sich die Idee wirtschaftlich trägt, nicht zu viele Anteile an Investoren veräußert werden müssen und die Begeisterung nicht nachlässt.

Ab wann hattet ihr das Gefühl, es mit Lobster geschafft zu haben?

Selbstfinanzierung und die Notwendigkeit, organisch zu wachsen, bedingen ein langsameres Wachstum. Die Entwicklung von Lobster ging nicht rasant vonstatten. Erst nach etwa fünf Jahren wussten wir, dass unsere Gründung erfolgreich war.

Durch den enormen Integrationsbedarf der Logistik stießen wir mit unserer Software in dieser Branche ziemlich schnell auf viel Resonanz. Dort haben wir als junges Unternehmen unsere Sporen verdient. Sind zudem immer vertrauter mit den hoch komplexen Logistikprozessen geworden und konnten unseren Fokus „Datenintegration“ um die Themen Prozessautomatisierung und schließlich No-Code, also das programmierfreie Konfigurieren von Applikationen, erweitern. Growing by doing, gewissermaßen. Das Beispiel zeigt auch, dass man als Gründer nicht alles planen kann. Chancen und Risiken kommen manchmal ganz unerwartet. Was dann zählt ist das Gespür und auch das Glück der hoffentlich richtigen Entscheidung.

Welchen Tipp würdest du jungen Leuten geben, die heute gründen wollen?

Letztendlich ist erfolgreiches Gründen eine Frage der inneren Einstellung, glaube ich. Die Entwicklung eines Unternehmens ist von so vielen Unwägbarkeiten begleitet, auf die man gar keinen Einfluss hat. Was bei uns damals das Platzen der Dotcom-Blase war, war vor kurzem Corona, ist heute die international angespannte Lage. Das Verschieben der wirtschaftlichen Machtzentren.

Was man aber steuern kann, ist die eigene Art, Dinge anzugehen beziehungsweise mit ihnen umzugehen. Hinfallen gehört zum Erfolg. Aufstehen auch. Aufgeben sollte man erst, wenn man merkt, die berufliche Ungewissheit oder die finanzielle Belastung tun einem nicht gut. Ansonsten geht in den allermeisten Fällen eine Tür auf, um weiterzumachen und erfolgreich zu sein.

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