Ein Ehrenamt schafft eine Win-Win-Win-Situation: Für diejenigen, die Unterstützung erhalten, für die Gesellschaft als Ganzes und – trotz aller Verpflichtungen – für diejenigen, die ehrenamtlich tätig sind. Auch bei Lobster gibt es diese tollen Menschen, die einfach für andere da sind. Drei von ihnen stellen wir in diesem Beitrag vor.
PHILIPP: BEIM REITEN ZUVERLÄSSIGKEIT LERNEN.
Philipp Glassmeyer arbeitet ehrenamtlich im Reitverein Lienen. Neben seiner Reitlehrertätigkeit für eine Leistungssport-Gruppe von sechs Reiter:innen zwischen 12 und 26 Jahren ist er als Kassenprüfer in die Vorstandsarbeit und Turnierorganisation involviert. Reiten hat den Ruf ein eher elitärer Sport zu sein. Versteht man Ehrenamt als Engagement für schwache und bedürftige Gruppen unserer Gesellschaft, könnte man sich fragen, worin die „soziale“ Komponente dieser Freiwilligenarbeit liegt? Darauf hat Philipp eindeutige Antworten. Jugendliche Reiter:innen übernehmen eine hohe Verantwortung für ihr Tier – und zwar täglich. Denn anders als einen Tennisschläger, so Philipp, kann man ein Pferd nicht einfach in die Ecke stellen, sondern muss es sehr regelmäßig bewegen, pflegen und die Stallarbeit organisieren. Dieses Bewusstsein, für andere wirklich zuverlässig da sein zu müssen, kommt in vielerlei Hinsicht auch der Gesamtgesellschaft zugute. Das zweite Argument ist zunächst ein finanzielles, denn durch die Turnierorganisation, Sponsorenakquise und Vorstandsbeschlüsse fließen in Form von Bewirtungseinnahmen, Preisgeldern und Mitgliedsbeiträgen Gelder in den Verein. Diese werden gezielt reinvestiert, um den Reitsport auch breiteren Bevölkerungsgruppen zugänglich zu machen: durch den Kauf von Schulpferden, das Angebot günstiger Reitstunden und Ferienkurse. Die dritte soziale Komponente in Philipps Engagement ist das Fördern von generationsübergreifendem Zusammenhalt. Denn im Reitverein finden ältere und jüngere Menschen, Jugendliche und Kinder ob im Vorstand, als Reitlehrer, im Stall, auf dem Pony oder dem Spielzeugtraktor Raum für Austausch – über alle altersspezifischen Eigenheiten hinweg. Philipp gibt mit seinem Ehrenamt im Übrigen dem Reiten mit Begeisterung das zurück, was der Sport ihm als Jugendlicher an Frust erspart hat: Da der Wachstumsschub zunächst auf sich warten ließ, hatten beim Fußball, Tennis oder Basketball alle anderen die längeren Beine und waren einfach schneller. Beim Reiten war die Körpergröße egal!
ALEXANDER: WASSER, SPASS & LEBENSRETTUNG.
In der DLRG Ortsgruppe Schwanau führt Alexander Ferrein als ehrenamtlicher Kinderschwimmlehrer Mädchen und Jungen ans Schwimmen heran. In Gruppen von 15 Kindern – ein:e Schwimmlehrer:in betreut je drei Schwimmschüler – lernen Nichtschwimmer spielerisch mit Wasser umzugehen, können im Idealfall am Ende des Kurses 25 m durchschwimmen und so das Seepferdchen-Abzeichen erwerben. Fragt man Alexander, warum er sich in diesem Ehrenamt engagiert, sagt er, dass für ihn Schwimmen lernen, Überleben lernen bedeute. Die Tatsache, dass nach zwei Jahren Pandemie nun aufgrund der hohen Energiekosten viele Schwimmbäder erneut schließen, sei deshalb eine Katastrophe: Nahezu eine Grundschulgeneration habe derzeit nicht richtig schwimmen lernen können! Immer weniger Kinder wissen sich im Wasser sicher zu bewegen, was auch die steigenden Zahlen der DLRG-Rettungseinsätze in (Bagger-)Seen, Flüssen und am Meer zeigen. Das Interesse auf Eltern- und Kinderseite ist dementsprechend hoch, aber die Plätze knapp. 50 Kinder stehen derzeit auf der Warteliste von Alexanders Ortsgruppe. Auch bei der DLRG stellt sich, trotz der engagierten Mitarbeit zahlreicher Ehrenamtlicher, immer wieder die Frage nach der Finanzierung – von Material für die Schwimmkurse, über die Schutzausrüstung für Strömungsretter bis hin zum Kauf eines neuen Einsatzfahrzeugs. Denn obwohl es private Spenden und Zuschüsse der öffentlichen Hand gibt, müssen immer noch beträchtliche Summen von der DLRG selbst aufgewendet werden – zum Beispiel im Fall des Einsatzfahrzeugs. Auch hier springen Alexander und seine Mitstreiter:innen ein und sorgen durch wohl überdachte Vorstandsentscheidungen oder die Organisation von Festen für zusätzliche Einnahmen. Ein anderes Thema, das Alexander ebenso wie Philipp umtreibt, sind die Fälle sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Sport – und damit die Diskreditierung des altruistischen Engagements der allermeisten Ehrenamtlichen. Zum einen achten beide im persönlichen Umgang mit den jungen Sportler:innen für eine respektvolle Nähe bei Hilfestellungen und fragen zum Beispiel: „Darf ich dich hochheben?“, „Darf ich meine Hand unter den Bauch legen?“ oder „Darf ich dein Bein anders platzieren?“, zum anderen sorgen auch die Vereine durch Diskussion und Prävention dafür, ihre Ehrenamtlichen noch stärker zu sensibilisieren und Kinder und Jugendliche bestmöglich zu schützen. Ein heikles Thema, dass das Ehrenamt mit voller Wucht trifft.
ANDREAS: SEIT 20 JAHREN BEI DER FREIWILLIGEN FEUERWEHR.
Andreas Fischer ist der Dritte im Bunde. Er engagiert sich seit fast zwanzig Jahren (!) bei der Freiwilligen Feuerwehr Westendorf als Ausbilder, Jugend- und Gerätewart und demnächst vielleicht auch als stellvertretender Kommandant. Anders als man vielleicht annehmen könnte, liegt bei der Jugendfeuerwehr die Quote von Mädchen und Jungen bei jeweils 50%. Im Kreis der Aktiven verschiebt sich dieses Gleichgewicht allerdings deutlich, sodass die Männer hier die weitaus größere Gruppe stellen – wahrscheinlich auch aufgrund des Gewichts der Schutzkleidung und besonders der etwa 18 kg schweren Atemschutzgeräte. Andreas investiert mit zwei regulären Terminen etwa acht bis zehn Stunden pro Woche in sein Ehrenamt. Hinzukommt die Zeit für Einsätze und Bereitschaften, bei denen es zumeist nicht so sehr um Brände, sondern zumeist um Rettungsarbeiten nach Unfällen geht. Denn für fast alle Unfälle auf Autobahnen beispielsweise gilt, dass die Freiwilligen Feuerwehren anrücken. Berufsfeuerwehren gibt es nur in Metropolregionen und Städten mit über Hunderttausend Einwohnern, sodass in Bayern etwa 7.521 Freiwillige Feuerwehren nur sieben Berufsfeuerwehren gegenüberstehen! Das Verhältnis zeigt, wie wichtig dieses Ehrenamt ist. In dieser Hinsicht unterstreicht Andreas das Nachwuchsproblem, mit dem wohl alle Freiwilligen Feuerwehren zu kämpfen haben. Sportvereine bieten schon für kleine Kinder Angebote, wohingegen in den Jugendgruppen der Feuerwehr erst Vierzehnjährige mitmachen und dann bis achtzehn nur üben, aber nicht auf einen richtigen Einsatz gehen dürfen. Da ist langer Atem gefragt. Ein weiterer Grund ist sicherlich die hohe körperliche und – trotz psychologischer Unterstützung nach schweren Unfällen – auch seelische Belastung der Freiwilligen sowie die hohe Verantwortung den Feuerwehr-Kameraden gegenüber. Ein Kommandant beispielsweise sieht sich einer wachsenden Zahl an Regeln und Verordnungen gegenüber, die er in seinem Team auch durchsetzen muss. Werden gesetzliche Vorgaben in einer Wehr nicht eingehalten, ist der Kommandant verantwortlich. Zudem sind bei der Freiwilligen Feuerwehr nur „der Eintritt und der Austritt freiwillig“, wie Andreas zitiert. Alles andere an diesem Ehrenamt ist über das Feuerwehr-Gesetz verbindlich geregelt – heute keine Lust ist also keine Option. Andreas Motivation trotz der zahlreichen Verpflichtungen bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv zu sein, liegt in der Unterstützung und Rettung von Menschen und deren Erleichterung angesichts der Hilfe, im Zusammengehörigkeitsgefühl der Feuerwehrler:innen untereinander und in der Überzeugung, dass man sich vor Verpflichtung nicht drücken sollte.